Die BMW /5 - eine Baureihe, die alle Erwartungen übertraf!
SW-Fotos © BMW: Die Motoräder der 60er Jahre
BMW verabschiedete sich 1969 von seinen erfolgreichen, aber in die Jahre gekommenen, klassischen Modellen und setzte auf eine komplette Neukonstruktion. Mit der BMW R 60/5 starteten die Bayern im September 1969 die Produktion der neuen /5-Baureihe in Berlin statt in München. Die Reihe wurde mit der R 75/5 im Oktober sowie der R 50/5 im November komplettiert. Schon bald wurde die Nachfrage nach diesen Motorrädern, vor allem der R 60/5 und R 75/5 so groß, dass sie alle Erwartungen übertraf. Die moderne Konstruktion der /5-Baureihe, die ausnahmslos positiven Berichterstattungen der internationalen Presse, einschließlich der Testberichte der Fachpresse und der vergleichsweise günstige Einstiegspreis zeigten eine Wirkung, von der selbst die Geschäftsleitung bei BMW Motorrad überrascht wurde. Konnten noch bis zum Ende des Jahres immerhin 4.701 Einheiten der neuen Baureihe abgesetzt werden, waren es im Folgejahr 1970 bereits 12.287 Stück. Allerdings häuften sich zunehmend Klagen über die beträchtlichen Lieferzeiten der begehrten Modelle. Um der Nachfrage Herr zu werden, wurden von BMW neue Maschinen und Werkzeuge angeschafft, die Arbeitsabläufe beständig optimiert und zusätzliches Personal eingestellt.
BMW hatte die Umstellung auf das moderne Motorrad grandios gemeistert und fuhr mit der BMW /5 Reihe in die Zukunft des weiß-blauen Motorradbaus.
BMW R 50/5
BMW R 50/5
November 1996
Preis: 3.696,- DM
Einheiten: 7.865
Das Einstiegsmodell R 50/5 ist die letzte BMW mit dem klassischen Hubraum von 500 ccm.
BMW R 60/5
BMW R 60/5
September 1969
Preis: 3.969,- DM
Einheiten: 22.721
Die R 60/5 ist die grundlegende Neukonstruktion des Boxermodells und der Wegbereiter für alle modernen BMW-Motorräder.
BMW R 75/5
BMW R 75/5
Oktober 1969
Preis: 4.996,- DM
Einheiten: 38.370
Die R 75/5, das Topmodell der /5-Modellserie leistet dank 750 ccm Hubraum satte 50 PS.
Alt-Eisen oder wertvoller Oldtimer?
Da stand die 15 Jahre alte BMW R 60/5, in diesem Verkaufsraum - ganz hinten, in der letzten, finsteren Ecke. Ziemlich verbastelt bot sie einen traurigen Anblick und unter ihr eine Wanne, die das Öl auffing, das sie verlor. Teile von ihr fehlten oder waren nicht original ersetzt worden. Sie glänzte und funkelte nicht wie die ca. 50 anderen Motorräder, die in dem Raum standen. Niemand sah sie an, alle gingen an ihr achtlos vorbei.
Und dann entdeckte ich sie dort in ihrer Ecke. Ich wußte damals zwar nicht was ich da für ein Motorrad kaufte. Ich wollte sie eigentlich nur haben, weil sie mir a) gefiehl und b) weil ich eine BMW wollte. Zum Glück verlangte der Händler nur ein paar Mark für sie und so fing im Herbst 1985 unsere Geschichte an. Heute, 40 Jahre später, ist sie immer noch bei mir und ist mit ihren über 100 Tausend Kilometern ein echter Veteran.
Eine kleine Liebeserklärung!
Ich liebe sie, die einfache und klare Linienführung meiner R 60/5, Baujahr 1970. Die Harmonie von Motor, Sitzbank , Getriebe und Tank. Ein grundsolides Motorrad, kraftvoll und ehrlich. Auch die Technik meiner BMW R 60/5 ist grundsolide. Gravierende Schwachstellen sind ihr fremd, wenn man mal von der nicht vorhandenen Spurtfreudigkeit absieht. Das Triebwerk mit 40 PS Leistung, das 4-Gang Getriebe und der wartungsfreie Kardanantrieb sind nicht klein zu kriegen und haben meiner R60/5 eine Laufleistung von mittlerweile mehr als 120.000 Kilometer ermöglicht.
Diese Alltagstauglichkeit ist nicht zuletzt durch ihre extreme Wartungsfreundlichkeit zu Stande gekommen. Zugegeben, die R 60/5 ist kein Sprinter (sie schafft es von 0 auf 100 in 15,9 Sekunden) und lässt sich Zeit mit der Beschleunigung. Wenn ich sie im mittleren Drehzahlbereich halte, dann zieht ihr 50 Jahre alter Motor durchaus kräftig an, doch alles was über 5500/min geht ist nicht so ihr Ding. Will man die Gangwechsel im Vierganggetriebe durchführen, dann meldet sie sich gerne mal zu Wort. Sie mag sauberes, sorgfältiges Schalten, sonst äußert sie ihren Unmut mit einem unfreundlichen Ratschen. Die Bremse vorn verlangt kräftiges Zupacken. Nur widerwillig und mit hoher Handkraft verzögert die Duplex-Trommelbremse und das - zugegeben - nur mittelmäßig. Mehr Verlass ist auf die Hinterradbremse, die mit einem Tritt auf das Pedal gut dosierbar ist. Und trotzdem, je enger und kurviger die Strasse wird, umso besser setzt sich mein Oldtimer mit seiner überragenden, spielerischen Handlichkeit in Szene. Mit der R 60/5 Bergpässe und verwinkelte Sträßchen entlang zu cruisen hat einen enorm hohen Spaßfaktor. Dank der entspannten Sitzposition mit dem breiten, höheren US-Lenker, der großen Verkleidung und dem 24-Liter-Tank der ersten Serie, welche bei meiner Maschine verbaut sind, machen selbst lange Touren richtig Spaß.
Was man aber nie vergessen darf: Sie ist ein Oldtimer und für eine andere Zeit und anderen Verkehr gebaut worden. Es gehören Übung und Erfahrung dazu ein so altes Motorrad - sie ist immerhin mittlerweile 55 Jahre alt - durch den modernen Verkehr zu steuern. Man braucht ein gewisses Maß an Zeit und Gelassenheit, dann wird die Fahrt auf der BMW R 60/5 zu einem unvergesslichen Erlebnis. Und wenn man sie irgendwo am Straßenrand parkt, dann sind ihr die bewundernden Blicke der Passanten gewiss und es entwickelt sich manch nettes Gespräch.
Bekommt man die Oldtimer noch?
Ja, mit ein bisschen Glück kann man noch an eine gute R 60/5 kommen. Die Laufleistungen liegen im Durchschnitt bei 50.000 Kilometern. In gutem Zustand werden für diese Maschinen um die 6.000 bis 10.000 Euro aufgerufen. Dabei ist in erster Linie der Grad des Originalzustand ausschlaggebend. Umbauten mindern den Wert beträchtlich, aber ich habe auch schon R60/5 gesehen die völlig verbastelt für 6.000€ zum Kauf standen. Das untere Ende der Preisskala liegt bei 3.500 Euro.
Im Zuge von weiteren Reparatur- und Restaurierungsarbeiten, so z.B. fehlte das vordere Schutzblech, bekam sie dann auch ihre endgültige Farbe. Auch heute noch - 40 Jahre nachdem ich sie bekommen habe - glänzt sie in metallic dunkelblau mit goldenen Zierstreifen. Früher haben mich "moderne" Motorradfahrer ausgelacht wenn ich mit meiner geliebten "Gummi-Kuh" irgendwo aufgetaucht bin, heute würden sich die selben Fahrer die Finger nach ihr abschlecken.
Warum?
Ganz einfach, die BMW läuft immer noch und das übrigens seit über 50 Jahren unfallfrei!.

